Zivilisation ist besser als Kultur

Sie ist weniger ein Vorwand für den Obskurantismus von Völkern, die sich auf die Folklore ihrer kulturellen Errungenschaften konzentrieren. In meinen Augen wird jede Kultur angesichts der Zivilisation der Selbstgestaltung immer nur eine armselige Folklore sein.

Eine solche Behauptung scheint heute zu erschüttern, und es scheint, dass man nur als gefährlicher Rechtsradikaler abgestempelt werden kann, wenn man sie behauptet. Sie schreiben dem Begriff "Zivilisation" die Fähigkeit zu, die hasserfüllte Glut der rassistischen Verachtung von Völkern untereinander zu schüren.

Die Angst vor der Verwendung eines Wortes ist sicherlich die schlimmste Form der Pseudo-Diplomatie. Die Angst, den anderen zu verärgern, führt nur dazu, dass die verschiedenen Empfindlichkeiten auf die zähflüssigste Art und Weise geschmeichelt werden. Vorsicht unter allen Umständen führt schließlich dazu, dass die Beziehungen erstarren. Es ist dann sehr schwierig, zu einer freien Rede zurückzukehren. So entstand die politische Korrektheit mit ihren scheinheiligen Gräueltaten.

Die Zivilisierung an sich selbst vorzunehmen, hängt nicht von der eigenen Kultur ab, und es würde ihre Wirkung verkürzen, sie nur auf historische Kontexte anzuwenden. Die Zivilisierung des Einzelnen ist ein persönlicher Akt, der ihn dazu bringt, sich die Frage nach seiner eigenen Situation zwischen seiner atavistischen Wildheit und seinem Zustand als "Produkt" seiner eigenen Kultur zu stellen. Was eine Kultur stolz macht, ist auch das, was sie engstirnig und intolerant gegenüber anderen macht.

Schöne Beispiele dafür sind die Mikrokosmen vieler Familien oder Paare auf der ganzen Welt und in allen Kulturen, die auf ihre eigene Clan-Ethik und den Wert des Erbes schwören, das von Generation zu Generation weitergegeben wird. Die erhabene "Übertragung", die den elterlichen Erzieher, der stolz auf seine schöne Mission ist, genießen lässt, ist auch die Trägerin des geistiges Aids die erschreckendste, die es gibt, aufgrund der psychischen Sklerose, die sie erzwingt. Nur eine echte und aktive, tägliche und unaufhörliche Selbstbefragung kann die Wut des brutalen tierischen Instinkts oder der beeinflussten Formatierung zugunsten einer wohlüberlegten, persönlichen und einzigartigen Mäßigung besänftigen. Die Frucht davon ist die einzigartige Kreativität eines jeden Einzelnen.

Für ein Individuum, das danach strebt, sich in diesem Sinne zu zivilisieren, mit anderen Worten: ein wahrer Künstler, authentischer Schöpfer seiner eigenen Zivilisation die Erfindung des Selbst muss Vorrang vor allem anderen haben: Geschlecht und Sex, Kultur und Tradition, Sitten und Gesetze, Familie und Erziehung, auch vor dem, was ihm als seine eigenen Überzeugungen erscheint. Dies ist gewiss nicht von einer Kultur oder einer Erziehung zu erwarten, sondern von seinem eigenen Menschenbild, das auf diese Weise Tag für Tag geschmiedet und neu geschmiedet wird.

Das Gehirn ist der Amboss, auf den die Ideen gehämmert werden. Die erstaunlichsten Stücke entstehen dort nicht aus dem Besitzstand der Traditionen, seien sie bürgerlicher, staatsbürgerlicher oder religiöser Art.

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